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Dieser Beitrag zeigt schön, wie "alles beim Alten" bleibt. Die Wirtschaftswoche illustriert die Wahlprogramme der Parteien hinsichtlich der Mieten-/ und Immobilienpreisregulierung mit wenig überraschenden Ergebnissen:


SPD und Grüne wollen die Mietpreisbremse schärfen und dauerhaft verankern. Die Mietpreisbremse wurde 2015 eingeführt als ausdrücklich befristetes Gesetz. Von der Union weiß man wieder nicht, was sie wirklich will. FDP und Linke bleiben unerwähnt. Aber lesen Sie selbst:



Was bringt die Zukunft? Das ist die Frage, die wir uns in der heutigen Zeit immer häufiger stellen - jedenfalls stelle ich mir diese Frage; denn die "neue Wirklichkeit" ist vor allem eines: Unberechenbar! Ich sitze hier am frühen Morgen des 4. Februar 2025, die BILD bringt gerade die Schlagzeile: "Handelskrieg droht - Börsen wackeln" TRUMP STÜRZT DIE WELT INS ZOLL-CHAOS.

Quelle: Bildzeitung online (https://www.bild.de)  vom 04.02.2025 um 06:30 Uhr
Quelle: Bildzeitung online (https://www.bild.de) vom 04.02.2025 um 06:30 Uhr

Was mich daran besonders fasziniert? Dass man genau diese Entwicklungen hätte vorhersehen können. Und dass es Menschen gab, die vor mehr als 10 Jahren genau dieses Szenario für die Welt vorhergesagt haben.


In meiner unternehmerischen Anfangszeit ist mir eine Zukunftsstudie von DHL in die Hände gefallen, diese habe ich mir aufgehoben. Sie sieht (damals) fünf mögliche Szenarien für die Welt bis 2050. Das vierte Szenario nennt sie "lähmender Protektionismus".


Ich zitiere folgend die "Kernidee" des Szenarios:

"Ausgelöst durch wirtschaftlichen Niedergang ist die Globalisie- rung wieder rückgängig gemacht worden. Die globalen Handels- volumina sind zurückgegangen, nachdem die meisten Länder protektionistische Hürden errichtet haben. Ausgeprägter Nationa- lismus dominiert das weltweite politische Verhalten. Inzwischen wächst die zweite Generation von Menschen in einer protektionis- tischen Welt auf, und die Erinnerung an die Vorteile des offenen globalen Handels verblasst. Abgesehen vom internationalen Aus- tausch einiger Rohstoffe findet ein Großteil des Handels innerhalb regionaler Handelsblöcke statt. Auch die meisten Lieferketten sind fast vollständig regionalisiert. Der Handel leidet ebenso aufgrund von unzureichenden Investitionen in den Ausbau und die Instand- haltung der Infrastruktur. Der Großteil der verfügbaren Mittel fließt in die Bewältigung der Folgen alternder Gesellschaften. Das gilt insbesondere für Europa und Asien. Alle diese Entwicklungen haben die internationale Arbeitsteilung deutlich reduziert und da- durch zu einem allgemeinen Produktivitätsrückgang geführt. Auch stagniert die technologische Entwicklung: Das Outernet ist zwar umgesetzt, aber noch gibt es gravierende Kompatibilitätsprobleme zwischen Ländern und Regionen.
Ressourcen sind knapp. Neu erschlossene Lagerstätten sind wenig ergiebig, und in den wenigsten Fällen ist es gelungen, geeignete Ersatzmaterialien zu entwickeln. Durch den Protektionismus und die sinkende Produktionseffizienz werden die negativen Folgen der Ressourcenverknappung zusätzlich verschärft. Der Material- verbrauch bleibt hoch, obwohl die realen Einkommen in vielen der traditionellen Industrieländer deutlich gesunken sind und das Wachstum in den anderen Teilen der Welt erheblich an Fahrt verloren hat.
Die Stimmung zwischen den wichtigsten Handelsblöcken der Welt hat sich stark eingetrübt. Die hohen Energiepreise und die dra- matische Ressourcenknappheit schüren internationale Konflikte über Rohstoffvorkommen. Unter diesen Umständen gibt es keine internationalen Bemühungen um eine Senkung der Treibhaus- gasemissionen, und auch sporadische nationale Ansätze zeigen wenig Wirkung. Der Klimawandel schreitet fort, und bis Ende des Jahrhunderts zeichnet sich eine Erwärmung des Erdklimas um 3,5° C ab."

Die Zukunftsstudie "Delivering Tomorrow" wurde 2012 veröffentlicht. Erschreckend treffsicher - aus meiner Sicht. Jedoch war es auch nur, wie beschrieben, eines von fünf Szenarien.



Doch was bedeutet das für die Marktteilnehmer am Immobilienmarkt?


Für die vergleichsweise kurzfristig agierenden Teilnehmer im Markt für Wohnimmobilien, Projektentwickler, Makler - wie mich, Spekulanten, Fix & Flipp(er) haben Studien wie diese wenig Relevanz. Wir denken von Projekt zu Projekt, einige Monate bis mehrere Jahre.


Bedeutsam sind die Überlegungen aber besonders Endkunden, die einen wesentlichen Teil der Rendite zum Ende des Investitionszeitraums realisieren. Hierbei meine ich weniger die Hauskäufer, die sich ein Eigenheim zulegen; denn sie tauschen Miete gegen Kreditrate, "konsumieren den Wohnwert" und haben daher im hier und jetzt einen realen Nutzen aus ihrem Kapitaleinsatz, falls dieser über die in der Wohnung bezahlte Miete hinausgeht.


Gestern Abend habe ich auf einer Immobilien-Influencer Seite auf Instagram ein junges Paar gesehen, die gerade eine Kapitalanlage erworben haben. Der Influencer schreibt:


"GLÜCKWUNSCH DER NÄCHSTE DER DIE CHANCE GENUTZT HAT!! Er konnte sich rein aus seiner Bonität raus 2 Wohnungen sichern & das OHNE EIGENKAPITAL was ihm der Mieter abzahlt! Und sich somit mehrere 100.000€+ Vermögen aufbaut! Wenn du wissen willst wie du dir mit deiner Bonität Vermögen aufbaust mit den den richtigen Kontakten! Schreib und für infos. Oder #IMMO "


Abgesehen von den zweifelhaften ortographischen und grammatikalischen Fähigkeiten des Verfassers, halte ich diesen Beitrag für moralisch fragwürdig. Das junge Paar verfügt mutmaßlich über zu geringe Kenntnisse und Fähigkeiten, um die Folgen ihrer schuldenfinanzierten Investition einzuschätzen. Die Konsequenzen drohen in 5 bis 10 Jahren, wenn der Influencer - der die Hütten in B bis C-Lagen selbst einkauft, entwickelt und an junge Leute weiterverkauft - mit dem Verkaufserlös der "Kapitalanlage" vielleicht über alle Berge verschwunden, bestimmt aber juristisch für etwaige Fehlinformationen nicht mehr haftbar zu machen ist.

Leider ist es für das junge Paar st nicht nur das Geld der Bank, das hier investiert wird, denn nach gestiegenen Zinsen sind derartige Kapitalanlage-Immobilien bei Vollfinanzierungen im Regelfall nur noch durch Zuzahlung einiger hundert Euro im Monat erschwinglich - trotz steigender Mieten.


Hoffen wir für das gutaussehende Pärchen, dass sie ihren Gehaltsüberschuss nicht über Jahrzehnte in ein Fass ohne Boden schippen; sondern die versprochenen Gewinne machen werden - obwohl sie die aktuellen Zukunftsstudien sicher nicht gelesen haben.

Zum Autor: Richard Nitzsche (M.Sc.) ist Immobilienmakler in Frankfut / Rhein-Main und im Taunus und Herausgeber des gleichnamigen Immobilienpodcasts auf YouTube und überall, wo es Podcasts gibt. Möchten Sie mit Ihm in Kontakt treten? Suchen Sie ein Eigenheim zum Kauf oder eine Kapitalanlage? Oder möchten Sie eine Immobilie verkaufen? Schreiben Sie ihm auf Social Media oder kontaktieren Sie ihn direkt über unsere Homepage.








Der TIME-LAG ist einer der am meisten unterschätzten Faktoren im Immobilienmarkt. Was meine ich damit? Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt folgen langsamen laufenden Zyklen. Praktisch in keinem anderen Marktsegment tritt das Prinzip von Ursache - Wirkung mit einem derart enormen zeitlichen Abstand ein.


Ein Vergleich: Reaktionen in anderen Märkten

In schnell reagierenden Märkten wie dem Devisenhandel zeigt sich das Gegenteil. Nehmen wir beispielsweise eine Meldung zur Inflation oder zu Zinserhöhungen der Notenbanken: Innerhalb von Sekunden reagieren die Märkte, und die Auswirkungen lassen sich direkt im Euro-Dollar-Kurs ablesen, der entweder steigt oder fällt. Diese Schnelligkeit gibt Investoren die Möglichkeit, Informationen unmittelbar in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen. Selbst wenn Übertreibungen möglich sind, bietet die Reaktion Investoren dennoch eine kurzfristige Entscheidungsgrundlage.


Der Immobilienmarkt: Träge Reaktionen auf Änderungen

Ein ganz anderes Bild ergibt sich, wenn Sie die Transmission von Nachrichten und Veränderungen auf den Immobilienmarkt betrachten. Es dauert Monate, oft sogar Jahre, bis sich Änderungen der Rahmenbedingungen – wie Zinsanpassungen oder politische Entscheidungen – auf Angebot, Nachfrage oder Preise auswirken.

  • Projektentwicklungen: Zwischen dem Erwerb eines Grundstücks, dem Verkauf der ersten Einheiten und der Fertigstellung eines Bauprojekts können Jahre, manchmal Jahrzehnte, vergehen. Marktbedingungen, die bei der Planung gelten, können bei der Fertigstellung längst überholt sein. Im Jahrzehnt des Immobilien-Booms machte die Fehlinterpretation dieses enormen Risikos Projektentwickler übrigens "aus Versehen" reich, denn der Trend lief in die richtige Richtung; sodass auch teilweise eklatante Unzulänglichkeiten bei der Planung der Objekte nicht mehr ins Gewicht fielen.

  • Private Verkäufer: Auch bei Haushalten in finanziellen Schwierigkeiten dauert es oft Jahre, bis eine Immobilie tatsächlich auf den Markt kommt. Eigentümer versuchen häufig zunächst, die Situation mit anderen Mitteln zu retten – sei es durch Unterstützung von Familie und Freunden oder durch alternative Finanzierungsmodelle. Das Eigenheim ist nicht nur ein Vermögenswert, sondern ein stark emotional geprägtes Gut, dessen Notverkauf oft als gesellschaftlicher Abstieg empfunden wird.

  • private Käufer reagieren ohnehin langsam, weil sie Datenmaterial nicht direkt interpretieren können, sondern nach dem Ursache-Wirkungsprinzip Erfahrungen sammeln: Steigen beispielsweise die Baupreise verteuert sich der Hausbau, nachdem die Hausplanung einen teureren Preis indiziert, passt der Käufer sein Gebot fürs Grundstück notgedrungen nach unten an. Es vergehen Monate der Verhandlung zwischen Privatkäufer und Privatverkäufer.


Herausforderungen durch den Time-Lag

Der time-lag macht die Interpretation von Marktdaten besonders schwierig. Veränderungen wie steigende Zinsen zeigen sich nicht unmittelbar in fallenden Transaktionszahlen oder Preisen. Hinzu kommt, dass die zugrunde liegenden Daten oft nur verzögert veröffentlicht werden – Transaktionszahlen quartalsweise, Bodenrichtwerte sogar nur jährlich.

Zudem ist der Immobilienmarkt durch die Einzigartigkeit jedes Objekts geprägt. Anders als bei Aktien oder Anleihen gibt es keine standardisierten Vermögenswerte, was eine objektive Bewertung erschwert. Dies gilt insbesondere für selbstgenutzte Immobilien, bei denen subjektive Faktoren den wahrgenommenen Wert stark beeinflussen.


Chancen und Risiken für Marktteilnehmer

Der time-lag birgt Risiken, die sich jedoch auch als Chancen nutzen lassen.

  • Steigende Märkte: In einem positiven Marktumfeld wirkte diese Zeitverzögerung - wie angesprochen - zugunsten der Anbieter. Wer beispielsweise 2018 eine Immobilie erwarb und mit einem Verkaufspreis von 100 % kalkulierte, konnte diese 2020 oder 2021 möglicherweise zu 140 % des ursprünglichen Wertes veräußern. Der Marktanstieg in der Zwischenzeit arbeitete für den Eigentümer.

  • Fallende Märkte: Umgekehrt gerät der Projektentwickler, der sich im überhitzten Markt mit Grundstücken eingedeckt hat, bei einer Marktberuhigung unter Druck. Das Risiko von Fehlinvestitionen, das im Jahrzehnt des Immobilienbooms in den Hintergrund trat, rückt wieder in den Vordergrund.

Aber Hoffnung des schiefl-iegenden Projektentwicklers stirbt zuletzt - genau wie die des wirtschaftliche Notlage geratenen Eigentümers. Früher der beste Freund wird der time-lag heute zum Gegner dieser Hoffnungen . Die Bundesbank warnt vor steigenden Kreditrisiken, "vor dem Hintergrund konjunktureller und geopolitischer Unsicherheiten". Der aufmerksame Beobachter, der kluge Investor, nimmt solche Informationen zur Kenntnis, zieht seine Schlüsse daraus und verringert seine Angebotspreise um eine höhere Risikomarge. Der Gewinn liegt im Einkauf.

Der Narr kauft sich das Risiko zum teuren Preis und hofft auf große Gewinne in einigen Jahren.



Nitzsche Immobilien
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Im Birkengrund 5, D-61352 Bad Homburg

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